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Spiegelungen-Preis für Lyrik 2017

In den literarischen Wechselbeziehungen zwischen Mittel- und Südosteuropa spielt die Lyrik eine herausragende Rolle. Dieser reichen dichterischen Tradition eines vielfältig miteinander verflochtenen Kultur- und Echoraums sieht sich der Spiegelungen-Preis für Lyrik verpflichtet.

 

RETROSPEKTIVE 2017

 

 

Der mit 1500 Euro dotierte Spiegelungen-Preis für Lyrik geht 2017 an den in Berlin lebenden Dichter, Essayisten und Übersetzer Lothar Quinkenstein. Seine Gedichte erweisen ihn als lyrisch versierten, in der Tradition mittel- und ostmitteleuropäischer Literatur der letzten drei Jahrhunderte verwurzelten Spurensucher, der in Lektüren, Landschaften und Mitmenschen die Schmerzzeichen bis heute nicht vergangener Geschichte aufzuspüren weiß.

Der mit 750 Euro dotierte Spiegelungen-Publikumspreis für Lyrik geht 2017 an das Gedicht Ufer von Kristiane Kondrat, für das sich eine deutliche Mehrheit der online abgegebenen Stimmen entschieden hat. Ufer umspielt das vielschichtige Thema der Grenze und führt in intensiven poetischen Bildern die existenzielle Unbehaustheit des Menschen vor Augen.

Den mit 3000 Euro dotierten Sonderpreis zum Spiegelungen-Preis für Lyrik erhält 2017 die rumänische Dichterin Nora Iuga. Die Redaktion der Zeitschrift Spiegelungen würdigt damit ein literarisches und übersetzerisches Lebenswerk, das, geprägt von der Sprachenvielfalt und der komplexen politischen und kulturellen Gemengelage im Donau-Karpaten-Raum, die Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts bereichert und zum innereuropäischen Kulturtransfer entscheidend beigetragen hat.

Die Preisverleihung fand am 6. Dezember 2017 im Lyrik Kabinett München statt.

 

 

Bericht über die Preisverleihung

 

DAS BEINAHE EROTISCHE GEFÜHL DES DICHTERS“

Bericht über die Verleihung des Spiegelungen-Preises für Lyrik 2017 an Lothar Quinkenstein, Kristiane Kondrat und Nora Iuga

Der erstmals vom Institut für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas (IKGS) ausgeschriebene Spiegelungen-Preis für Lyrik wurde am 6. Dezember 2017 in München verliehen. Die Preisträgerinnen und Preisträger nahmen die Auszeichnungen im Rahmen einer Festveranstaltung im Münchner Lyrik Kabinett entgegen. Den Hauptpreis der Jury erhielt der in Berlin wirkende Lyriker und Essayist Lothar Quinkenstein für seinen poetischen Zyklus Die Brücke aus Papier. Der Publikumspreis ging an die in Augsburg lebende Schriftstellerin Kristiane Kondrat, die mit ihrem Text Ufer die meisten Stimmen der zur Abstimmung aufgerufenen Online-Öffentlichkeit für sich verbuchen konnte. Der Sonderpreis der Redaktion wurde der rumänischen Dichterin und Übersetzerin Nora Iuga für ihr Lebenswerk zuerkannt.

Rezitiert wurden die ausgezeichneten Gedichte von der Schauspielerin Nike Maria Vassil, ein Hörerlebnis, das für das Publikum, aber ebenso die Autorinnen und Autoren, faszinierend und mitunter überraschend war. Die musikalische Abendgestaltung oblag der Pianistin Pikria Lursmanashvili, die mit ihren Darbietungen zu einer stimmungsvollen Atmosphäre beitrug. Durch den Abend führte der Koordinator des Spiegelungen-Preises, Klaus Hübner.

Der Direktor des IKGS, Florian Kührer-Wielach, wies in seiner Begrüßung ebenso auf Idee und Ansinnen des Spiegelungen-Preises wie auf die maßgebliche Unterstützung, die der Ausschreibung von Seiten der Beauftragten des Bundes für Kultur und Medien, Staatsministerin Prof. Monika Grütters MdB, und des Lyrik Kabinetts München zuteilwurde.

Als Laudatorin für den mit 750 Euro dotierten Publikumspreis zeichnete die Literaturwissenschaftlerin Christina Rossi das Gedicht Ufer von Kristiane Kondrat als ein sprachliches Gefüge nach, das Trennlinien in poetisch einleuchtender Weise artikuliert – etwa die „Grenze zwischen Sprechen und Nicht-Sprechen“. Rossi verwies auf die Perspektiven und Identifikationsangebote, die der Text bereithält, und räsonierte über den Effekt, den der Text beim Publikum bewirken konnte. Kristiane Kondrat freute sich in ihren Dankesworten nicht zuletzt über die Online-Leser, die sie mit ihrem Text überzeugen konnte.

Die Lyrikerin und Philosophin Mara-Daria Cojocaru verortete in ihrer Laudatio das Schaffen Lothar Quinkensteins, dem Träger des mit 1.500 Euro dotierten Hauptpreises, in der lyrischen Tradition Mitteleuropas – einem Mitteleuropa, das sich allerdings zuweilen „ziemlich breit“ mache. Tastend und zugleich sehr präzise trat die Laudatorin in für die Zuhörerschaft reizvoller Weise mit Quinkensteins Texten in Dialog. Quinkenstein zeigte sich in seiner Dankesrede zwar aus „allen Wolken gefallen“, gab aber spürbar munter und erfreut Einblick in sein Schaffen: Das Schreiben bedeute immer auch eine Fortsetzung des Lesens, so der Dichter. Indem er literarische Bezüge aufzeigte, die für sein poetisches Gestalten wichtig sind, ermöglichte Quinkenstein dem Publikum eine spannende Kontextualisierung seiner Texte.

Den mit 3.000 Euro dotierten Sonderpreis der Redaktion erhielt die rumänische Dichterin und Übersetzerin Nora Iuga für ihr Lebenswerk. Ein langjähriger Weggefährte Iugas, der in Hermannstadt (rum. Sibiu) wirkende Autor Joachim Wittstock, beschrieb in seiner Laudatio das Schaffen Iugas im Spannungsbogen zwischen dem Genuss der Öffentlichkeit und dem notwendigen Rückzug in die Einsamkeit. Nora Iuga bedankte sich in einer kraftvollen, verspielten und stellenweise trickreichen Rede für die Auszeichnung, indem sie etwa eine finanzielle Würdigung für das „beinahe erotische Gefühl des Dichters, der wie besessen, wie unter Narkose, sein Gedicht schreibt“ mit einem Augenzwinkern als durchaus unnötig ausgab.

Nach der Übergabe der Urkunden hielt die Jury eine Überraschung für die drei Preisträger bereit: Mithilfe des Projekts „Memory of Mankind“ werden ihre Gedichte nämlich wortwörtlich in Stein verewigt und auf Keramikplatten in einer Salzmine im österreichischen Hallstadt verwahrt. Auf diese Weise könne verhindert werden, dass sie wie 99,9 Prozent der antiken Texte in Vergessenheit gerieten, wie der Initiator des Projekts, Martin Kunze, betonte.

Der Moderator leitete schließlich zum informellen Teil des Abends über und wies auf die aktuelle Ausgabe der Spiegelungen hin, in der alle prämierten Gedichte auch in Druckform zu finden sind. Dass Lyrik über ihre Kunstform hinaus Dialogangebote bereithält, wurde beim anschließenden Gedankenaustausch, kulinarisch grundiert von Spezialitäten aus dem Donau-Karpaten-Raum, sichtbar.

Rückfragen und weitere Informationen:
Dr. Klaus Hübner, Koordinator des Spiegelungen-Preises: huebner@ikgs.de
Dr. Florian Kührer-Wielach, Herausgeber der Spiegelungenkuehrer@ikgs.de

Bilder der Veranstaltung stellen wir Ihnen gerne auf Anfrage zur Verfügung.
Programm

Grußwort der Staatsministerin

Bericht als PDF

Ausschreibung

 

 

Die Jury

 

Georg Aescht

Georg Aescht

(IKGS)

Niels Beintker

Niels Beintker

(Bayrischer Rundfunk)

Dr. Enikő Dácz

Dr. Enikő Dácz

(IKGS)

Dr. Klaus Hübner

Dr. Klaus Hübner

(IKGS)

Dr. Pia-Elisabeth Leuschner

Dr. Pia-Elisabeth Leuschner

(Lyrik Kabinett München)

Joachim Schneider

Joachim Schneider

(IKGS)