Im vorausgegangenen Heft 2.24 haben wir Ihnen in den Spiegelungen Archivbestände mit historisch deutschen Bezügen aus dem östlichen Landesteil der Republik Slowenien, der historischen Untersteiermark/Spodnja Štajerska um Marburg/Maribor und Cilli/Celje, vorgestellt. Unsere Leserinnen und Leser finden in der vorliegenden Ausgabe ergänzend Informationen zu Archiven und Sammlungen aus der Krain einschließlich ihres Hauptorts Laibach/Ljubljana. Dabei geht es nicht nur um klassische Institutionen wie das Historische Archiv Ljubljana mit seinen Akten bis 1945, in dessen deutsche Aspekte Barbara Žabota fundiert einführt. Der Beitrag von Tanja Žigon und Irena Samide über Quellen zum deutschsprachigen Zeitungs- und Theaterwesen in der Krain ist weit mehr als eine Bestandsübersicht, sondern zugleich eine kulturgeschichtliche Skizze. Zwei Aufsätze betreffen die historische Kulturlandschaft Gottschee/Kočevska. Anja Serec Hodžar steuert in ihrer Vorstellung von Volksliedsammlungen en passant eine Wissenschaftsgeschichte der slowenischen Ethnomusikologie bei, während Anja Moric ihre eigene, bis in ihre Studienzeit zurückreichende Recherchetätigkeit bei ihrer Darstellung volkskundlicher Sammlungen zur Alltags- und Arbeitskultur der Gottschee reflektiert. Das Herzogtum Krain zählte innerhalb der Habsburgermonarchie zu den kleineren Territorien; allerdings weist dieses Gebiet eine einzigartige Vielfalt an Landschaftstypen auf. Diese reichen von den Hochgebirgsformationen der Julischen Alpen, die auf dem Triglav auf 2.864 m kulminieren, bis zu fruchtbaren, für den Obstbau geeigneten Flächen im Westen des Landes kommt auch in der regionalen Unterscheidung der alpinen Oberkrain/Gorenjska, der von den Flüssen Save/Sava und Gurk/Krka umfassten Unterkrain/Dolenjska sowie der zwischen Zaier/Sora und Gurk gelegenen Innerkrain/Notranjska zum Ausdruck.
Neben den erwähnten Schwerpunkt-Texten präsentieren wir Ihnen als weiteren wissenschaftlichen Text eine Studie unseres ehemaligen IKGS-Fellows Gábor Schein aus Budapest: Der Germanist und Kulturwissenschaftler thematisiert aus einer vergleichenden Perspektive strukturelle Probleme einer lange national ausgerichteten Literaturgeschichtsschreibung in Zentraleuropa und fragt nach dem Ort der lange ausgegrenzten oder ignorierten Roma-Literatur.
Dieser wissenschaftstheoretische Beitrag leitet über zum Literaturteil der Spiegelungen. Freuen Sie sich hier wieder auf die Lektüre einer erlesenen Auswahl an Prosa- und Lyrikbeiträgen. Dazu zählt ein unveröffentlichtes Romanfragment von Gabriela Adameșteanu, einer der wichtigsten literarischen und zivilgesellschaftlichen Stimmen im heutigen Rumänien. Der im Banater Bergland aufgewachsene Jan Cornelius lotet in einem Experiment die Möglichkeiten (und Grenzen) der literarischen Anwendung der Künstlichen Intelligenz (KI) aus. Aus sehr unterschiedlichen Warten setzen sich zwei wichtige siebenbürgisch-sächsische Stimmen mit der Lebenswirklichkeit im kommunistischen Rumänien vor 1989 auseinander: Frieder Schuller stellte uns ein Romanfragment zur Verfügung, während Karin Gündisch mit viel Humor einen Einblick in politischen Alltag des Jahres 1982 in Rumänien gewährt.
Was können die Schöpfungen eines in der Schlacht bei Schäßburg/Sighișoara während der revolutionären Auseinandersetzungen des Jahres 1849 ums Leben gekommenen Dichters uns heute noch sagen – und vor allem: inwieweit können sie heutige Lyriker inspirieren? Dieser Frage ging eine lyrische Werkstatt in Berlin unter der Leitung der Dichterin und Übersetzerin Orsolya Kalász nach. Sie und ein Kreis von Kolleginnen und Kollegen haben Gedichte von Sándor Petőfi aus dem Ungarischen neu ins Deutsche übertragen, sich aber über diesen Transferprozess auch zu originellen eigenen Kreationen inspirieren lassen.
Auch von Robert Balogh und Kristiane Kondrat veröffentlichen wir neue Gedichte; außerdem haben wir extra für diese Ausgabe einige Dichtungen der gebürtigen Siebenbürgerin Agi Mishol, einer der prominentesten zeitgenössischen Lyrikerinnen Israels, aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzen lassen.
Auch im Feuilleton erwarten Sie wieder vielfältige Beiträge. Vor 80 Jahren ging in Europa der Zweite Weltkrieg zu Ende – ein Anlass für die Publizistin Christel Wollmann-Fiedler, um an die Deportation der Siebenbürger Sachsen zur Zwangsarbeit in die UdSSR zu erinnern. Inspiriert durch das IKGS-Online-Projekt zu deutschsprachigen Kinder- und Jugendbüchern, die im kommunistischen Rumänien erschienen sind, geht die in Temeswar/Timișoara aufgewachsene Historikerin und Autorin Astrid Ziegler ihren eigenen Prägungen durch Kinderbücher jener Zeit nach. Ihr Text sollte dazu anregen, die Generation der im Kindheits- und Jugendalter aus dem kommunistischen Rumänien ausgesiedelten Deutschen noch stärker als bisher in den Blick zu nehmen.
In diesem Jahr ist neben dem sächsischen Chemnitz die slowenisch-italienische Doppelstadt Nova Gorica und Görz/Gorizia/Gorica Europäische Kulturhauptstadt. Ein kleines Porträt dieser „grenzenlosen Grenzstadt“ mit ihren zentraleuropäischen Bezügen zeichnet Angela Ilić, während Tobias Weger historischen Beziehungen zwischen Görz und Bayern in Mittelalter, Früher Neuzeit und während des Ersten Weltkriegs nachspürt.
Wir wünschen Ihnen wie immer eine vergnügliche und erkenntnisreiche Lektüre
Ihre
Spiegelungen-Redaktion