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Einleitung: Archive in Rumänien (II)

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Die Beiträge des vorliegenden Hefts setzen das in Heft 1/2018 begonnene Schwerpunktthema »Archive in Rumänien« fort. Die Idee, sammelnde Institutionen mit deutschem beziehungsweise deutschsprachigem Archivgut vorzustellen, entstand aus der Beobachtung, dass insbesondere im westlichen Europa wenig über diese bekannt ist. Die Texte sollen Forschende unterschiedlicher Disziplinen anregen, die vielgestaltigen Quellen und Archive in Rumänien, Deutschland und der Ukraine zu erkunden.

Neben staatlichen Institutionen werden auch kleinere Sammlungen und ethnologisch- sammelnde Initiativen, die mitunter nicht im klassischen Sinn als »Archiv e« bezeichnet werden, vorgestellt. Trotz der Fülle der Beiträge können längst nicht alle Initiativen und archivalischen Sicherungsbemühungen der letzten Jahre berücksichtigt werden – das hier Präsentierte soll somit vor allem als Anregung zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema dienen.

Während im Zentrum von Heft 1/2018 Archive und sammelnde Initiativen in Siebenbürgen sowie zum jüdisch-deutschsprachigen Leben in Rumänien standen, lassen sich mit den vorliegenden Beiträgen sowohl der lokale als auch der historische Raum des heutigen und einstigen deutschsprachigen Siedlungsgebiets entdecken. Erfasst werden neben weiterhin bestehenden deutschsprachigen Minderheiten – wie im Banat und in der Zips – auch verschwundene Siedlungsregionen. Drei Beiträge widmen sich dem rumänischen Banat: Marlen Negrescu, über viele Jahre Archivarin in der Kreisdienststelle Temeswar (rum. Timișoara) des Rumänischen Nationalarchivs, gibt einen Überblick über die dort verwalteten Bestände. Über die Kreisdienststelle in Caraș- Severin informiert deren Leiter Laurențiu Ovidiu Roșu. Das Forschungsprojekt »Wörterbuch der Banater deutschen Mundarten«, das den banatschwäbischen Dialekt aus über 150 Ortschaften dokumentiert, wird von Mihaela Șandor, Mitarbeiterin der Arbeitsstelle zum Wörterbuch, vorgestellt. Die aus Forschersicht vergleichsweise rudimentäre Dokumentation der Zipser Deutschen problematisiert Alfred Ludovic Fellner. In seinem Beitrag gibt er Einblick in Sammlungen zum Schulwesen der Zipser Deutschen, das traditionell eine große Rolle im kulturellen und alltäglichen Leben der Gemeinschaft einnahm. Erwin Joseph Țigla informiert über das seit 2004 bestehende Jugend-, Dokumentations- und Kulturzentrum »Alexander Tietz« in Reschitza (rum. Reșița), in dem insbesondere publizierte Belege zu den sogenannten Banater Berglanddeutschen gesammelt werden. Archivgut zu den Sathmarer Schwaben im Sathmarer Diözesanarchiv (rum. Satu Mare) und in den Gedenkbüchern verschiedener Pfarrämter werden von Bernadette Baumgartner beschrieben; die Kreisdienststelle Dolj des Rumänischen Nationalarchivs (rum. Arhivele Naţionale ale României – Serviciul Judeţean Dolj) wird von Peter Mario Kreuter vorgestellt. Weiter geht der Blick in die rumänische Hauptstadt, nach Bukarest: Hannelore Baier berichtet über einschlägige Bestände im Historischen Zentralarchiv (rum. Arhivele Naționale Istorice Centrale din București) und bringt auch persönliche Rechercheerfahrungen zum Ausdruck. Die Initiative zur Sichtbarmachung des fotografischen Nachlasses von Edmund Höfer wird durch Christian Binder vorgestellt. Höfer, langjähriger Mitarbeiter der Tageszeitung Neuer Weg (seit 1993 Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien), war über 30 Jahre als Pressefotograf tätig; sein Archiv wird sukzessive erschlossen. Den Spuren der verschwundenen Minderheit der Dobrudschadeutschen geht Tobias Weger nach und verweist auf zahlreiche Archive in Rumänien, Deutschland und in weiteren Ländern. In einem eigenen Beitrag werden von Marius Oanță die der katholischen Konfession angehörenden Dobrudschadeutschen betrachtet. Nachgezeichnet werden auch die mitunter verschlungenen Wege des Archivguts bis in die heutige Zeit.

Mariana Hausleitner hat seit den späten 1970er-Jahren zu deutschsprachigen und jüdischen Minderheiten in Archiven Rumäniens, der Republik Moldau und der Ukraine geforscht. Anhand zahlreicher praktischer Beispiele zeigt sie die Spannweite der Materialien auf und gibt wertvolle Hinweise für kommende Forschungen.

Ein räumlich übergreifender Beitrag stammt vom Musikwissenschaftler Franz Metz, der den Aufbau von einschlägigen Musiksammlungen, Archiven und Bibliotheken zur Musikgeschichte vorstellt und für dieses Forschungsgebiet wichtige Sammlungen beschreibt. Ursula Wittstock widmet sich dem Archivgut zum deutschsprachigen Theater in Temeswar und in Hermannstadt (rum. Sibiu) und schließt damit an den Beitrag zum jiddischen Theater in Bukarest aus Heft 1/2018 an.

Der Frage, inwiefern das Archiv des Nationalen Rats für das Studium der Securitate- Archive (rum. Consiliul Național pentru Studierea Arhivelor Securității – CNSAS) zur Erforschung deutschsprachigen literarischen Lebens in Rumänien beitragen kann, geht Laura G. Laza nach. Erfahren Sie hier mehr über dieses Heft.

Michaela Nowotnick

 

Michaela Nowotnick, geboren 1980 in Herzberg/Elster, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für deutsche Literatur an der Humboldt-Universität zu Berlin mit dem Schwerpunkt rumäniendeutsche Literatur sowie Literatur in totalitären Systemen. Sie unterhält mehrere Forschungsprojekte zur Sicherung von Archiven und Sammlungen der deutschen Minderheitsbevölkerung in Rumänien.

 

Erschienen in: Spiegelungen. Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas, Heft 2 (2018), Jg. 13 (67), Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, S. 9–10.

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