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Konrad Gündisch zum Fünfundsiebzigsten

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Von Adinel Dincă

Jeder im akademischen Umfeld verfasste Jubiläumstext stellt den Autor vor eine Reihe von unkomfortablen Herausforderungen. Wie lobend sollte die Erzählung sein, wie überschwänglich sollten die beruflichen Verdienste beziehungsweise die menschlichen, die persönlichen Eigenschaften der geehrten Person hervorgehoben werden? Ist eine panegyrische Konstruktion in einem solchen Zusammenhang in der Tat angemessen, oder würden derartige überemotionale Vorstellungen, nun öffentlich geäußert, nur zu unerwünschten Reaktionen führen? Dies sind nur einige der Fragen, auf die eine textlich fixierte „Festrede“ ausgewogen und mit gesundem, vernunftgeleitetem Menschenverstand antworten sollte, wobei sowohl auf die feierliche Motivation, aber auch auf das persönliche Wohlbefinden des Jubilars geachtet wird, eines Jubilars, auf den die Gedanken der Dankbarkeit und Erkenntlichkeit, der Kollegialität und Freundschaft gerichtet sind. Bei Dr. Konrad Gündisch ist eine solche Balance noch schwieriger zu finden, seine Verdienste als Schöpfer innovativer historischer Inhalte, als unermüdlicher Kulturmanager, engagierter Mensch und (vor allem) sensibler und geselliger Freund lassen sich nur schwer auf diese Weise zusammenfassen, in einer Art, in der er, Koni, der ewig Bescheidene, Großzügige und Altruistische, es annehmen könnte.

Wissenschaftliche Tätigkeit bedeutet nicht nur Einsamkeit in Forschung oder Reflexion, sondern auch unendliche Kontakte mit Menschen. Die meisten Interaktionen dieser Art sind angenehm neutral, einige sind erbarmungslos dazu verdammt, so schnell wie möglich vergessen zu werden, aber die wenigsten sind wirklich dazu bestimmt, den Verlauf eines Werdegangs entscheidend zu beeinflussen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten spielt Koni eine grundlegende und motivierende Rolle bei all meinen Karriereentscheidungen, eine Tatsache, die mir jetzt noch deutlicher wird, während ich über diese Zeilen, die ich dem Jubiläum widme, nachdenke.

Ich empfinde die über die Zeit aufgebaute menschliche und professionell-wissenschaftliche Beziehung zu Koni in vielerlei Hinsicht als eine lange Reihe glücklicher Synchronitäten. Er und ich haben in der gleichen universitären Umgebung in Klausenburg (rum. Cluj-Napoca) studiert, in einem uns beiden vertrauten Kontext mit Bezug zur Geschichte des lateinischen Mittelalters, als Novize habe ich dann eine Forschungsstelle am Geschichtsinstitut der Rumänischen Akademie übernommen, an der Koni sich hervorgetan hatte, wobei ich mich – vor der EDV-Zeit – immer wieder mit Transkriptionen und Übersetzungen hochkomplizierter mittelalterlicher Originaltexte in seiner eigenen Schreibschrift, beschäftigt habe. So lernte ich sein Autograf kennen, noch bevor ich die zahlreichen Widmungen auf seinen eigenen Büchern las, Bände, die er mir später bei so vielen Gelegenheiten schenkte. In diesen Widmungstexten hat er immer wieder freundlich, ermutigend und elegant die Idee des menschlich-professionellen Vertrauens betont, Worte, die ich jetzt noch als Ansporn empfinde, meine Leistung noch weiter zu verbessern.

Konrad Gündisch ist sicherlich auch einer der wenigen sehr wichtigen Professoren, die ich je hatte, und dies, obwohl er nie offiziell mein Lehrer war, weder in Rumänien noch in Deutschland. Vielleicht konnte ich gerade aus diesem Grund ohne irgendwelche Förmlichkeiten die mittelalterliche Geschichte der Siebenbürger Sachsen und in erster Linie deren Schriftkultur unter seiner Betreuung auf die beste Weise erkunden und vertiefend kennenlernen. Seine persönlichen Erfahrungen und die zahlreichen Familiengeschichten haben mir konstant unbekannte und unerwartete kulturhistorische Perspektiven in die Archive, Museen und Bibliotheken des Sachsenlandes eröffnet. Renommierte und anspruchsvolle Forschungseinrichtungen, Förderinstitutionen und Fachpublikationen aus Deutschland und Österreich waren für mich, einen NachwuchswissenschaftlerInnen aus einem ehemaligen kommunistischen Staat, auch viel leichter zugänglich, nur weil Koni bedingungslos für alle aus Rumänien stammenden DoktorandInnen und ForscherInnen Chancen erarbeitete und begünstigte. Das Fehlen des formellen Rahmens einer dialogischen Beziehung zwischen Meister und Lehrling begünstigte die Entwicklung einer Freundschaft und des gegenseitigen Vertrauens, das die Grundlage zur weiteren Zusammenarbeit bildete, die sich nun über mehr als zwei Jahrzehnte erstreckt. Während ich über diese Zeilen meditiere, erkenne ich jetzt noch deutlicher, dass ich in all diesen Jahren mehr erhalten als zurückgegeben habe. Ich weiß aber auch, dass das Vorbild von Konis Großzügigkeit mich dazu zwingt, die Zahlung dieser angehäuften Schulden nicht ihm, sondern denjenigen zugutekommen zu lassen, die jünger sind als ich. Seine direkte und kompromisslose Art, mit komplizierten Situationen umzugehen, kann nur von wenigen – und das auch nicht immer – nachgeahmt werden, aber ich tue mein Bestes, den konstanten, unprätentiösen und inhaltsreichen Dialog, den er mir kontinuierlich anbot, mit den angehenden MediävistInnen weiterzuführen. Ihnen werde ich möglichst viele mit aufmunternden Worten signierte Bücher und Artikel schenken, so wie auch ich sie oft von Koni bekommen habe.

Adinel Dincă, Dr. hab., geb. 1976, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geschichtsinstitut „George Barițiu“ der Rumänischen Akademie in Klausenburg (rum. Cluj-Napoca) und Universitätsdozent an der dortigen Babeș-Bolyai-Universität.

 

Erschienen in: Spiegelungen. Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas, Heft 1 (2023), Jg. 18, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, S. 214–216.