Von Mária Rózsa
Das Bestehen des prachtvollen Gebäudes des Königlich Städtischen Pester Deutschen Theaters von 1812 bis 1847 fiel mit der Glanzzeit des deutschsprachigen Theaterwesens im Königreich Ungarn zusammen. Es erfüllte während seiner fast 35-jährigen Existenz eine wichtige kulturelle Aufgabe als zentraler Ort der deutschsprachigen Kulturvermittlung. Ab 1837 gewann auch das Ungarische Nationaltheater immer mehr Zuschauer, und die ungarischsprachige Schauspielkunst konnte sich im Zuge der die 1848er-Revolution vorbereitenden Reformgedanken dermaßen festigen, dass die deutschsprachigen Theater in ganz Ungarn zurückgedrängt wurden und später ihre Tätigkeit aufgeben mussten. Ziel dieses Beitrags ist die Darstellung der medialen Aufnahme des vernichtenden Brandes vom 2. Februar 1847 und der zeitgenössischen Reaktionen (von den verbalen Mitgefühlsbekundungen bis zu Wohltätigkeitsspenden).
Das Königlich Städtische Pester Deutsche Theater zog 1812 aus dem Rondell in das neue klassizistische Gebäude am Theaterplatz (heute: Vörösmarty tér) in die Innenstadt, dessen Bau nach den Plänen des Wiener Hofarchitekten Johann Nepomuk Amann (1765–1834) im Jahr 1808 begonnen wurde. Die Bauarbeiten gingen sehr stockend voran. Amann pendelte nur ungern zwischen Wien und Pest, obwohl seine Auslagen ersetzt wurden. Unterstützt wurde er von dem jungen ungarischen Architekten Michael (Mihály) Pollack (1773–1855), den künftigen Schöpfer des Ungarischen Nationalmuseums; Pollack leitete die Arbeiten vor Ort und scheute nicht vor Auseinandersetzungen mit Amann zurück. Ihm stand auch der ungarische Architekt Joseph (József) Hild (1789–1867) zur Seite.1Siehe dazu: László Klemm: Deutsche Theaterkultur in Pesth-Ofen nach 1812. In: Wendelin Hambuch (Hg.): Deutsche in Budapest. Budapest 1999, S. 343. Zur feierlichen Eröffnung des prächtigen Gebäudes wurde der 12. Februar, der Geburtstag des Kaisers Franz I., bestimmt. Da dieser Tag in jenem Jahr auf Aschermittwoch fiel, wurde sie auf den 9. Februar verlegt. Für die Eröffnungsfeier verfasste der Starbühnenautor August von Kotzebue (1761–1819) die Trilogie Belas Flucht mit dem Vorspiel König Stephan oder Ungerns [sic!] erster Wohltäter und dem Nachspiel Die Ruinen von Athen. Für den musikalischen Teil konnte Ludwig van Beethoven gewonnen werden.
Das gewaltige Gebäude – mit fünf Stockwerken – erwies sich jedoch als ungeeignet; der zu große Saal mit 3.500 Sitzplätzen hatte eine schlechte Akustik und war schwer zu beheizen.2Robert Gragger: Geschichte der deutschen Literatur in Ungarn.Von Maria Teresia bis zur Gegenwart. I. Vormärz. Wien, Leipzig 1914, S. 9. Gerade die Größe des Gebäudes führte zu seinem tragischen Schicksal; Pest mit seinen 33.000 Einwohnern konnte das Theater nicht regelmäßig mit Zuschauern füllen, und so kam es bald zu einer finanziellen Krise: Die Deckung der Betriebskosten erwiesen sich ebenso als eine schwierige Aufgabe. Eine weitere Ursache der sich konstant verschlechternden finanziellen Lage des Theaters war, dass seine Leitung bezüglich des künstlerischen Niveaus keine Zugeständnisse machte.3Béla Pukánszky: A magyarországi német irodalom története (A legrégibb időktől 1848-ig) [Geschichte der deutschen Literatur in Ungarn (Von den ältesten Zeiten bis 1848]. Budapest 1926, S. 461. Das Repertoire war abwechslungsreich, alles, was im Wiener Burgtheater lief, von der Oper beziehungsweise dem klassischen Drama bis zur Posse, wurde auch im Pester Deutschen Theater gespielt.4Ebenda, S. 462. Es kann festgestellt werden, dass die deutschsprachige Schauspielkunst eine wichtige Transferfunktion erfüllte, den Bedarf des Publikums deckte und nicht zuletzt die bürgerliche Elite der Stadt, die Zuschauer sowie die Theatermacher für die spätere ungarische Schauspielkunst vorbereitete.5Ebenda, S. 465.
Das Gebäude erlitt während des Hochwassers im Jahr 1838 große Schäden, doch seinen Untergang bewirkte eine Feuersbrunst am 2. Februar 1847. Die Ursache des verheerenden Brandes blieb ungeklärt; sie könnte auf die bei den Aufführungen verwendeten Petarden oder die neue schlechte Heizung zurückgeführt werden. Brandstiftung kam nicht in Betracht und menschliche Opfer gab es wegen des nächtlichen Zeitpunkts nicht, auch die Theaterbibliothek und die Garderobe blieben verschont.6Bemerkenswert ist, dass es eine organisierte Feuerwehr in Ungarn erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab.
Im Folgenden werden die Reaktionen auf die Brandkatastrophe in ausgewählten Wiener beziehungsweise Pester Presseorganen untersucht. In den 1840er-Jahren gab es in der ungarischen Presselandschaft sowohl politische Zeitungen als auch ungarischsprachige wissenschaftliche Fachblätter, Zeitschriften nach dem Vorbild der englischen und französischen Revue-Blätter enzyklopädischen Inhalts, eine Reihe von Modezeitschriften literarischen und nationale Identität stiftenden Inhalts.7Siehe dazu Géza Buzinkay: Die ungarische politische Presse. In: Helmut Rumpler, Peter Urbanitsch (Hgg.): Die Habsburgermonarchie 1848–1918. Teilband VIII.2: Politische Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft. Die Presse als Faktor der politischen Mobilisierung. Wien 2006, S. 1895–1976, hier: S. 1896. In diese letzte Gruppe gehören deutsch- und ungarischsprachige Modeblätter, die neben den Tagesblättern über den Brand des deutschen Theaters berichteten.
Das niveauvolle, in Buda gedruckte und zwischen 1828 und 1852 wöchentlich zweimal erscheinende literarische Modeblatt Der Spiegel oder Blätter für Kunst, Industrie und Mode8Verleger: Franz Wiesen, Redakteure: 1828–1848 Samuel Rosenthal, 1848–1852: Siegmund Saphir berichtete als erstes am Tag nach dem Brand ausführlich:
Mit wahrer Betrübniß melden wir, daß eines der schönsten großartigsten Gebäude unserer Stadt, das st. Theater, gestern, den 2. d. M., durch eine furchtbare Feuersbrunst verheert wurde. Gegen halb vier Uhr Morgens begann der Feuerlärm, und es währte beinahe eine halbe Stunde, bis sich einige Personen auf dem Platz einfanden. Doch hatte das Feuer bereits zu sehr um sich gegriffen; das Dach brannte auf drei Seiten, gegen den Theaterplatz, die Brükengasse [sic!] und den König von Ungarn [Gasthaus in der Hatvanergasse, Anmerkung von M. R.]. Bald darauf war auch das dritte Stockwerk von Brande ergriffen, die Flamme schlug zu den Fenstern hinaus und kurz darauf stürzte das Dach zusammen. Das Feuer ist bisher (Dienstag Vormittag um 10 Uhr) noch nicht bewältigt; doch ist die ganze Garderobe und die Theaterbibliothek gerettet, – die Bühne, Parterre und Logen sind ein Schutthaufen. Der Theil des Gebäudes, in dem sich der Redoutensaal befindet, wurde verschont. Ueber die Ursache des Brandes läßt sich bisher unmöglich etwas bestimmtes sagen; Einige schreiben es dem am Schlusse des »Zampa«9Zampa oder: Die Braut von Marmor, heorisch-romantische Oper in drei Akten nach dem Französischen bearbeitet von F. A. Oldenburg. Musik von Herold. Libretto: Anne-Honoré Joseph Duveyrier, Anmerkung von M. R. losgebrannten Feuerwerk, Andere dem Heizapparate zu, der aber unter sehr diken [sic!] Mauern angebracht ist. Die, wie gewöhnlich, nach dem Theater vollzeitlich vorgenommene Inspektion, fand Alles befriedigend. Vielleicht wird sich später die wahre Ursache ermitteln lassen. – So eben ist die Eke [sic!] dem »König von Ungarn« gegenüber eingestürzt. Unsere Spitzen bewährten meist auch diesmal ihre bekannte – Sammseligkeit. – Was mit dem deutschen Theater fürder geschehen wird, was mit der Direktion, und mit den 300 brodlos gewordenen Theatermitgliedern, das wird vielleicht die nahe Zukunft lehren.10Lokal-Zeitung. Brand des deutschen Theaters. In: Der Spiegel, Nr. 40, 3.2.1847, S. 159.
Das zweite wichtige deutschsprachige Blatt der Hauptstadt Der Ungar. Zeitschriftliches Organ für ungarische Interessen, für Kunst, Eleganz, Literatur Theater und Mode11Redakteur und Herausgeber 1842–1848: Hermann Klein (1842–1848) schrieb am 4. Februar ebenso ausführlich über den Brand und fügte hinzu:
Herr v. P., ein Polizeibeamter, war der Erste, welcher zum Schutz dieses Gebäudes eine Feuerspritze und eine halbe Compagnie Soldaten aufstellte. Es war ein großes Glück, daß die Windsbraut sich nicht mit dem Feuer vermischte, sonst hätte diese aufblühende Hauptstadt, die schon einmal den verderblichen Strom des Wassers kennen gelernt, nun auch eine unvergeßliche entsetzliche Bekanntschaft mit der Gewalt eines Feuermeers machen können.
Über das Geschehene wird mit Blick auf die Zukunft berichtet:
Das Ereignis ist als vielfaches Unglück zu betrachten: ein Bildungsinstitut ist für längere Zeit zu Grunde gegangen, die Commune büßt eine große Summe Geldes ein, die in unserer, noch so viel bedürfenden Stadt anderweitig hätte verwendet werden können; die Stadt verliert vielleicht für mehrere Jahre eine ihrer schönsten Zierden, eines der größten Theater der Welt, und mehre hundert Personen, die von diesem Institut lebten, sind in eine sehr prekäre Lage gerathen.
Über die möglichen Ursachen des Brandes stand nur so viel:
Wie die Brand entstanden, ist noch nicht ermittelt, dürfte auch schwer herauszubringen sein. Einige wollen in der unzweckmäßigen forcirten Heizung die Quelle sehen, Andere vermuthen, daß das bengalische Feuer, welches bei der am vorangegangenen Abend stattgehabten Vorstellung des »Zampa« verwendet worden, den höllischen Brand hervorgebracht haben könnte. Indes hat die Feuerwehr, nach der Vorstellung raportirt, daß Alles in guter Ordnung gewesen sei.12Der Brand des Pesther städt. Theaters. In: Der Ungar, Nr. 28, 4.2.1847, S. 217f.
Die Vernichtung der ständigen deutschsprachigen Spielstätte der ungarischen Hauptstadt traf erwartungsgemäß das deutschsprachige Bürgertum und das deutschsprachige kulturelle Leben am empfindlichsten. Im Gegensatz zu den deutschsprachigen Blättern berichteten die ungarischen über die Brandkatastrophe in der Rubrik der kurzen lokalen Nachrichten. So beschrieb auch das von 1844 bis 1848 zweimal wöchentlich erscheinende, von Imre Vahot (1820–1879)13Imre Vahot (1820–1879)Advokat, Schriftsteller, Theaterautor, Journalist, Redakteur redigierte Pesti Divatlap [Pester Modeblatt] die Ereignisse mit dichterischen Worten:
(Das Pesther Deutsche Theater ist völlig abgebrannt) am Dienstag – am großen Festtag der Pester Hausherren – weckte uns aus unseren Träumen der Unheil verkündende Glockenschlag, und als wir aufwachten, wurden fast alle Straßen unserer Hauptstadt von einem schrecklichen Feuer beleuchtet, von der Donau her schien ganz Ofen (Buda) aus dem Schleier der Finsternis fast in einem Zauberlicht auftauchend.14Budapesti Szemle [Budapester Revue]. In: Pesti divatlap[Pester Modeblatt], Nr. 6, 7.2.1847, S. 186.
Die von Lázár Petrichewich-Horváth15Lázár Petrichewich-Horváth (1807 ̶ 1851) Schriftsteller, Reisender, Journalist, Redakteur ins Leben gerufene Modeblatt Honderü [Vaterlandserwachen], das 1843–1848 erschien (auch unter dem Titel Morgenröthe),16Géza Buzinkay: A magyar sajtó és újságírás története a kezdetektől a rendszerváltozásig [Geschichte der ungarischen Presse und des Journalismus von den Anfängen bis zum Systemwechsel]. Budapest 2016, S. 107. informierte über Wiener Wohltätigkeitsaktionen (Geldspenden) für die Mitarbeiter des abgebrannten Theaters.17Honderü, Nr. 82, 3.2.1847, S. 158.
Das deutsche Theater war auch während der Direktion von Alexander Schmid18Lebensdaten nicht bekannt. nur verlustbringend und konnte mit dem 1837 gegründeten Pester Ungarischen Theater (ab 1840 Ungarisches Nationaltheater) und mit den ungarischsprachigen Aufführungen nicht wetteifern. Mit dem Brand des Deutschen Theaters wurde eine Epoche endgültig abgeschlossen, obwohl in Pest-Ofen beziehungsweise Budapest bis 1889 deutsche Theater tätig waren.19Edit Mályusz-Császár: A német színészet hazánkban [Deutschsprachige Schauspielkunst in Ungarn]. In: Ferenc Kerényi (Hg.): Magyar Színháztörténet [Ungarische Theatergeschichte 1790–1873]. Budapest 1990, S. 42.
Nach der Zerstörung des Gebäudes wurde auf dem Neumarkt (heute Erzsébet tér) eine provisorische Bühne, das sogenannte Noththeater errichtet, dessen Produktionen allerdings weit unter dem Niveau des ehemaligen deutschen Theaters lagen – allerdings teilten sie das gleiche Schicksal: Das Noththeater brannte am 9. April 1870 ebenfalls ab. In diesem Gebäude war Wagners Musik zum ersten Mal in Budapest zu hören.
Am 21. Dezember 1869 wurde in der Wollgasse (heute: Báthory utca 24) eine deutsche Bühne eröffnet, die sich später »Deutsches Theater« nannte. Hier ernteten die Stücke des »Operettenkönigs« Johann Strauss Sohn (1825–1899) den Beifall des immer kleiner werdenden deutschsprachigen Publikums. Diesem Haus wurde dasselbe Schicksal zuteil: Es brannte am 20. Dezember 1889 ab.20Klemm: Deutsche Theaterkultur in Pesth-Ofen nach 1812, S. 343f. Den Theaterzirkel auf den Aréna Straße (heute Dózsa György utca) mietete ab 1879 Zsigmond Feld. Nach 1889 wurde aber auch hier ungarisch gespielt.
Unter den Wiener Periodika reagierte als erstes das zwischen 1836 und 1848 zwei- beziehungsweise dreimal wöchentlich erscheinende literarische Oesterreichische Morgenblatt in der kurze Nachrichten beinhaltenden Rubrik »Omnibus« am 6. Februar: »Das deutsche Theater in Pesth samt Redoutensälen wurde soeben eingegangenen Nachrichten zu Folge, vorgestern ein Raub der Flammen. Wie es heißt, soll der Brand gelegt worden sein.«21Omnibus. In: Oesterreichisches Morgenblatt, Nr. 16, 6.2.1847, S. 64.
Die Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (1816–1849), ein in Wien mehrmals wöchentlich (1847 fünfmal, außer Mittwoch und Sonntag), später täglich erscheinendes Kultur- und Modejournal enzyklopädischen Inhalts, drückte sein Mitgefühl im Feuilleton unter den lokalen Nachrichten kurz nach Erhalten der Nachricht aus Pest aus. Herausgeber des Blattes war von 1845 bis Februar 1847 Gustav von Franck (1807–1860) und danach bis zur Einstellung 1849 Johann August Bachmann. »Der Brand des »Pesther Theater« hat hierorts die größte Theilnahme erregt.«, schrieb das Blatt. Neben Einzelheiten der Geschehnisse wurde die Tatsache mitgeteilt, dass nach dem Brand bloß die nackten Wände des Gebäudes erhalten geblieben seien. Der Teil in der Nähe der Redoute sei verschont geblieben. Die Zeitschrift berichtete auch über die Mutmaßungen im Zusammenhang mit der Brandursache. Im Bericht wurde u. a. Problemen der Theaterleitung auch darauf verwiesen, dass viele Menschen ihre Arbeit verloren hätten, da Direktor Josef Frost der Gesellschaft gekündigt habe.22Lokal-Kurier. In: Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode, Nr. 28, 8.2.1847, S. 111.
Die in Wien erscheinende Allgemeine Theaterzeitung veröffentlichte am 8. Februar 1847 einen Aufruf der Pesther Zeitung zu Spendensammlungen zugunsten des Personals des vom 1. auf den 2. Februar 1847 abgebrannten Pester Städtischen Theaters. Bäuerle erklärte sich bereit, mit seiner Zeitschrift an dieser Aktion teilzunehmen.23Aufruf. In: Allgemeine Theaterzeitung, Nr. 33, 8.2.1847, S. 129.
Das offizielle Organ der Monarchie, die Oesterreichisch-kaiserliche privilegirte Wiener Zeitung beschrieb die Ereignisse am 8. Februar, auch wenn der postalische Weg den Informationsfluss verlangsamte. Aus diesem Bericht können wir weitere Einzelheiten zu den Rettungsversuchen mit den Namen der daran teilnehmenden Personen erfahren:
Nachrichten aus Pesth zu Folge, ist das dortige königl. städtische Theater am 2ten d. M. durch eine furchtbare Feuersbrunst verheert worden. – Gegen 4 Uhr Morgens begann der Feuerlärm, und es währte beynahe eine halbe Stunde, bis sich einige Personen auf dem Platze einfanden. Das Feuer hatte bereits gewaltig um sich gegriffen; das Dach brannte auf drey Seiten, gegen den Theaterplatz, die Brückengasse und den »König von Ungarn«. Bald darauf war auch das dritte Stockwerk vom Brand ergriffen, die Flamme schlug zu den Fenstern hinaus und kurz nachher stürzte das Dach zusammen. – Nur den angestrengtesten Bemühungen der Löschenden, wobey sich das k. k. Militär rühmlichst auszeichnete, gelang es, die ganze Garderobe und die Theaterbibliothek zu retten; die Bühne, Parterre und Logen sind ein Schutthaufen; der Theil des Gebäudes, in dem sich der Redoutensaal befindet, wurde gleichfalls gerettet. Um der Rettung des angebauten Redouten-Gebäudes hat sich nämlich der Advocat Hr. N. v. Gaunersdorfer verdient gemacht, indem er mit der aus seiner Wohnung mitgeführten Verbindungsgänge und Thüren bey der Garderobe und sein Speisestuhl mit ungemeiner Entschlossenheit und Ausdauer vertheidigte. Andere größere Spritzen würden nicht zugekonnt haben. Die Garderobe des Theaters wurde durch Hrn. Zitterbarth gerettet.24Ungarn. In: Wiener Zeitung, Nr. 39, 8.2.1847, S. 315. – Matthias Zitterbarth d. J. (1803–1867), Architekt.
Zu den Folgen der Brandkatstrophe gehört, dass das Verschönerungskomitee noch im selben Monat, als das Gebäude vernichtet wurde, ein internationales Preisausschreiben für den Wiederaufbau des Theaters veröffentlichte. Es gingen 13 Bewerbungen ein, der Sieger wurde der Wiener Architekt Carl Roesner (1804–1869). Dennoch erhielt den Auftrag im Oktober 1847 Josef Hild. Die Ereignisse des Revolutionsjahres 1848, dann die Bombardierung der Stadt durch General Heinrich Hentzi (1785–1849) im Jahr 1849, die den daneben befindlichen Redoute besonders schwer traf, ließen die Wiederaufbaupläne scheitern. Die Ruinen des deutschen Theaters wurden demoliert, an dessen Stelle wurde 1873 das Teppichwarenhaus von Fülöp Haas erbaut.
Nachdem auf die Dauer in Ungarn kein deutschsprachiges Theater bestehen konnte, da das ungarische Theaterwesen, besonders das Ungarische Nationaltheater, durch ungarische Aufführungen das Publikum für sich gewann, bedeutete der Brand des Pester Deutschen Theaters ein Meilenstein in dieser Entwicklung. Das Ende der deutschsprachigen Schauspielkunst in Ungarn war ein Schritt auf dem langen Weg hin zur Assimilierung der Deutschen in Ungarn bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
The Fire of Pest’s German Theater in 1847 as a Media Event
Abstract
This contribution focuses on the press reactions after the the German Theatre at Pest burned down on February 2, 1847. The theatre was built in 1808 on the then called Theaterplatz (today: Vörösmarty tér) in the city centre, as a vast building for 3,500 spectators. Due to its over-sized dimensions and massive heating problems, it soon experienced a financial crisis. In 1838 it had partly been damaged by floods, before burning down in 1847. The article refers to various press articles which reflected the fire, and which appeared in contemporary Hungarian as well as Austrian newspapers. Plans to rebuild the theater were put apart and eventually given up altogether. The burning of the German Theater of Pest marks an important moment on the way to the linguistic assimilation of the Germans in Hungary’s capital.
Mária Rózsa, Dr., geb. 1960 in Budapest, ist Philologin und Bibliographin. Nach dem Studium der deutschen und der russischen Sprache und Literatur an der Eötvös-Loránd-Universität (ELTE) in Budapest arbeitete sie seit 1985 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Széchényi-Nationalbibliothek, leitete 1990–1998 den Bereich für Periodika in der Informationsabteilung und war Mitarbeiterin 2001–2012 der Abteilung für Bibliografie des 19./20. Jahrhunderts. 1990 promovierte sie mit der Arbeit Friedrich Bodenstedts Vermittlerrolle in der ersten ungarischen Onegin-Übertragung von Károly Bérczy (1866), 2016 wurde sie Doktorin der Ungarischen Akademie der Wissenschaften.
E-Mail: rozsam@t-online.hu
Erschienen in: Spiegelungen. Zeitschrift für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas, Heft 2 (2023), Jg. 18, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg, S. 83–88.